Engpässe bei der Kolposkopie:

Die Anzahl der erforderlichen Kolposkopien wird sich durch die neuen Abklärungsalgorithmen deutlich erhöhen. Es ist davon auszugehen, dass die zurzeit verfügbaren Kolposkopiesprechstunden nicht ausreichen und es zu einem Engpass kommen wird, bis die Kolposkopiekapazität ausgebaut wurde.

Diese Prognose setzt voraus, dass die aktuelle Rate an Befunden der Gruppe II-p ähnlich hoch bleibt, wie sie die letzte KV-Jahresstatistik ausweist, und die für die Altersgruppen zwischen 30 und 34 Jahren bzw. ab 35 Jahren nach den Algorithmen vorgesehene kolposkopische Abklärung konsequent durchgeführt wird.

Es wäre sinnvoller, die Frauen mit Gruppe II-p-Befund bei den Frauen mit Gruppe I-Befund einzuordnen, weil sie dann – bei positivem HPV-Test – bereits nach einem Jahr wieder eine Ko-Testung bekämen, anstatt drei Jahre nach Kolposkopie.

 

Zytologische Abklärung zu wenig genutzt:

Beispiel 1: Der Abklärungsalgorithmus sieht vor, dass Abstrichbefunde der Gruppe III-p und IIID2 zu einer Kolposkopie innerhalb von 3 Monaten führen. Hierbei wird die Möglichkeit, die Befunde durch eine zytologische Kontrolle in mäßige, hochgradige Dysplasie oder Karzinom zu differenzieren, nicht genutzt. Da bei erstmaligem Abstrichbefund Gruppe IIID2 eine hohe Regressionsrate zu erwarten ist, ist eine Abklärungskolposkopie erst bei wiederholtem IIID2-Befund oder IIID2-Befund nach vorherigem IIID-1 Befund sinnvoll.

Beispiel 2: Die Zahl positiver Screeningbefunde wird sich allein durch positive HPV-Tests bei Frauen über 35 Jahren deutlich erhöhen. Laut Abklärungsalgorithmus wird die Ko-Testung dann nach 12 Monaten wiederholt. Es ist damit zu rechnen, dass ca. für die Hälfte dieser Fälle der HPV-Test wiederum positiv ausfällt. Für diese Fälle ist nach drei Monaten unmittelbar eine Kolposkopie vorgesehen – unabhängig davon, welches Ergebnis jeweils die zytologische Untersuchung erbracht hat.

Beide Beispiele zeigen, dass der Abklärungsalgorithmus vorschnell eine Kolposkopie vorsieht. Zahlreiche Frauen werden überdiagnostiziert.

 

Ausschluss von Frauen nach Hysterektomie falsch:

Frauen nach vollständiger Hysterektomie sind von der Ko-Testung ausgeschlossen. Die European Guidelines empfehlen dagegen das Screening weiterhin für Frauen, bei denen die vollständige Entfernung der Epithelläsion nicht sicher nachgewiesen werden kann. Die S3-Leitlinie¹ weist darauf hin, dass bei einem positiven HPV-Test hysterektomierte Frauen eine reguläre Abstrichkontrolle indiziert ist.

 

Dokumentation:

Die zu übermittelnden Angaben für die Datenerhebung liegen mittlerweile vor. Eine fachliche Beurteilung allerdings ist erst dann möglich, wenn die Erkenntnisziele geklärt sind. Insbesondere wichtige Daten zur Abklärungsdiagnostik, aber auch zur Teilnahmerate, zu den falsch-positiven Befunden, zur getrennten Erfassung von hysterektomierten Frauen ohne Zervix sowie zu auftretenden Intervallkarzinomen, werden ungenau erhoben.

Zum Beispiel: Wenn eine Zervixbiopsie bei zytologisch hochgradiger Dysplasie negativ ausfällt, werden dann die nach Kolposkopie erfolgten kurativen Kontrollen (außerhalb der o-KFE-Vorgaben) mit einbezogen, z.B. wenn damit CIN3 gesichert werden konnte?

Zum Beispiel: Die Frage, „welche negativen Konsequenzen . . . aus einem positiven Screeningbefund“ resultieren (Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinomen, § 10 Ziffer 8), ist nur schwer so zu beantworten, dass die Antworten standardisiert werden können und so wissenschaftlichen Zwecken genügen.

Zudem weisen die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS) sowie die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e.V. (DGEpi) darauf hin, dass für eine Einschätzung der Effektivität des Sreenings die Bestimmung von Inzidenz und Mortalität getrennt nach Anspruchsberechtigten,

  • die nie teilnehmen
  • die unregelmäßig teilnehmen
  • die regelmäßig teilnehmen

erfolgen sollte.

Offen ist auch, wie die durch ein „graues Screening“ – also zwischen den Intervall-Terminen im Zuge einer zusätzlichen Untersuchung – entdeckten CIN- oder gar Karzinom-Fälle gewertet werden.

 


[1] S3-Leitlinie Prävention des Zervixkarzinoms Langversion 1.0 – Dezember 2017 AWMF-Registernummer 015/027OL

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