Gebärmutterhalskrebs-Screening in Deutschland

Seit 2008 ist das Zervixkarzinom eine der fünf prioritären Krebsarten des Nationalen Krebsplans der Bundesrepublik Deutschland.

Im März 2015 beschließt der G-BA ein erstes „Eckpunktepapier“, das in einer sechsjährigen Testphase den Frauen ab dem Alter von 30 Jahren die Option zwischen jährlicher Zytologie und fünfjährlichem HPV-Test anbietet.[1]

Im September 2016 beschließt der G-BA ein zweites – korrigiertes – „Eckpunktepapier“[2] mit folgenden Kernpunkten:

  • Monitoring-Phase: Es sieht eine Monitoring-Phase von „mindestens“ sechs Jahren vor.
  • Monitoring-Kriterien: Der G-BA entwickelt das Konzept für das Monitoring (einschließlich u.a.: einer datengestützten Qualitätssicherung, der Bewertung der Teilnahmerate, der Wirksamkeit des Einladungsschreibens, der falsch-positiven Befunde und der Intervallkarzinome).
  • Nachjustierung: Nach dieser („mindestens“) sechsjährigen Monitoring-Phase untersucht der G-BA anhand der gewonnenen Daten, ob eine dauerhafte Korrektur des Screeningverfahrens durchgeführt werden kann.
  • Erste Altersstufe: Für Frauen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren ist weiterhin die jährliche Zytologie vorgesehen.
  • Zweite Altersstufe: Für Frauen ab dem Alter von 35 Jahren ist die Co-Testung mit Zytologie und HPV-Test in einem Intervall von 3 Jahren vorgesehen.
  • Altersgrenze: Die Altersobergrenze wird „unter Berücksichtigung der Daten des Monitorings nach einer Übergangsphase“ festgelegt.
  • Anschreiben: Die Frauen im Alter von 20 bis 60 Jahren werden alle fünf Jahre von ihren Krankenkassen in einem Anschreiben über das Zervixkarzinom-Screening informiert – ohne Bezug auf die persönliche Screeninghistorie.
  • Textfassung Anschreiben: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat den Auftrag, Textfassung für Anschreiben und Versicherteninformation vorzulegen.

Stellungnahme der Initiative GEBÄRMUTTERHALSKREBS VERHINDERN!

Basis für die Qualität des Screenings

Alle Erkenntnisse aus Medizin und Public Health zeigen, dass entscheidend für den Erfolg eines Screeningprogramms die Kombination aus mehreren Kriterien ist:

  1. die Leistungsfähigkeit der Primärdiagnostik
  2. die Leistungsfähigkeit des Abklärungsverfahrens bei positivem Primärbefund
  3. das Einladungsintervall
  4. die Aussagequalität des Screeningverfahrens bezogen auf eine abklärungsbedürftige oder behandlungspflichtige Krebsvorstufe
  5. der Aufwand, den die Patientin für die Teilnahme erbringen muss
  6. die Teilnahmerate

Nur im Rahmen dieses Pakets – dessen Komponenten teilweise auch voneinander abhängig sind, z.B. die Teilnahmerate vom Aufwand für die Patientin – ist die Qualität eines Screeningprogramms zu beurteilen.

Begrüßenswerte Entwicklung beim G-BA

Mit der Neufassung der „Eckpunkte“ ist der G-BA weitestgehend auf die Kritik eingegangen, die das Programm des ersten Eckpunktepapiers – auch auf Seiten der Initiative GEBÄRMUTTERHALSKREBS VERHINDERN! – ausgelöst hat:

  • Die beiden Testverfahren Zytologie und HPV-Test werden nicht mehr alternativ, sondern kombiniert eingesetzt, so dass ihre jeweiligen Stärken (die zytologische Untersuchung eher auf Seiten der Spezifität, der HPV-Test eher auf Seiten der Sensitivität) den Frauen auch zugutekommen.
  • Die wichtige Triage-Regelung, d.h. die Folgeabklärung bei auffälligem Befund, ist in der Neufassung immerhin angesprochen – wenn auch an die Verfasser der geplanten Krebsfrüherkennungs-Richtlinie delegiert worden.
  • Das Screeningintervall ist von fünf Jahren (wie ehemals für den HPV-Test vorgesehen) auf drei Jahre reduziert worden, so dass eine eventuell neu entstandene Läsion oder eine Neuinfektion mit HPV im Zuge einer nächsten Untersuchung so rechtzeitig erkannt wird, dass sie noch folgenlos behandelt werden kann.
  • Das dreijährige Intervall bietet die notwendige Balance zwischen Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit bei den Patientinnen und „Komfort“. Damit trägt sie dazu bei, die Akzeptanz der Frauen für die Screeningmaßnahme zu erhöhen.

Verbleibende Kritik

Keine Terminierung: Der G-BA enthält sich in der Neufassung der „Eckpunkte“ auffällig einer Termingebung: Weder für die (eigene) Vorlage des Monitoring-Konzepts oder für die Textfassung des Einladungsschreibens durch das IQWiG, noch für die Erstellung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie – und erst recht nicht für den Start des neuen Screening-Programms sind Fristen festgesetzt. Das deutet darauf hin, dass sich der G-BA für die Implementierung alle Freiheiten vorbehält – und zwar widerrechtlich: Laut Krebsfrüherkennungs- und registergesetz (KFRG) hätte der G-BA bis April 2016 eine Richtlinie für das Screening vorgelegt haben müssen. Angesichts dessen, dass die Verbesserung des Gebärmutterhalskrebs-Screenings Menschleben retten soll, ist das Fehlen eines definierten Zeitplans für die Umsetzung nicht akzeptabel.

Rechtsunsicherheit durch offene Altersobergrenze: Der G-BA lässt noch offen, welche Altersobergrenze für das Screening gelten soll. Dies kann für die Ärzte zunächst nur so verstanden werden, dass bis zu einer Festlegung (s.o.) keine Altersobergrenze gelten soll. Dies sollte aber rechtssicher formuliert werden.

Ältere Frauen ohne Information: Es ist unverständlich, dass der G-BA eine Altersobergrenze für das Anschreiben (von 60 Jahren) festlegt, obwohl alles dafür spricht, dass die Inzidenz des Gebärmutterhalskrebses im Alter nicht sinkt. Nach allgemeinem Verständnis ist gerade bei älteren Personen eine Erinnerung von größerer Bedeutung.

Reduzierung der Wichtigkeit: Während die erste Fassung der „Eckpunkte“ des G-BA noch von einem „Einladungsschreiben“ sprach, ist in der zweiten Fassung nur von einem „Anschreiben“ (plus „Patientinneninformation“) die Rede. Dies verwässert den Aufforderungscharakter des organisierten Screenings. Im Gegensatz dazu, wäre es eher erforderlich, Dringlichkeit der Vorsorge und Verantwortlichkeit zur Teilnahme noch mehr zu betonen.

 


[1] Gemeinsamer Bundesausschuss, Eckpunkte für ein organisiertes Früherkennungsprogramm für Gebärmutterhalskrebs, 19. März 2015
[2] Gemeinsamer Bundesausschuss, Eckpunkte für ein organisiertes Früherkennungsprogramm für Gebärmutterhalskrebs, 15. September 2016

Initiative GHKV! unterstützt Forderung nach klinischer Prüfung von HPV-Tests

Das zukünftige Gebärmutterhalskrebs-Screening sieht für Frauen ab 35 Jahren die Co-Testung aus zytologischer Untersuchung und Test auf Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV) vor.

In einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme fordert die Gesellschaft für Virologie (GfV) eine konsequente Evaluation von HPV-Tests. Denn laut GfV sind nur wenige der 150 verfügbaren Tests für ein Gebärmutterhalskrebs-Screening geeignet. Die Initiative GEBÄRMUTTERHALSKREBS VERHINDERN! begrüßt diese Forderung und sieht sich darin in ihrem Anliegen nach mehr Wissenschaftlichkeit bei der Ausgestaltung des Screenings bestätigt. Lesen Sie das Statement der Initiative hierzu: Download

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